Die flache und wenig augenmerkswerte Lage der Stadt selbst hat es ihr verwehrt, eine äußerlich wahrnehmbare Physiognomie auszubilden.
GießenWerner BergengruenDas Sonderbarste ist die Ähnlichkeit zwischen Erlangen und Bayreuth; man erlebt ja auch, dass ein bildhübsches Mädchen einem keineswegs berückenden Bruder überraschend ähnlich sehen kann. Auch in Bayreuth regiert der Markgrafenstil, nur ist es ihm nicht gelungen, ein Element der Langweiligkeit in diese spritzig berauschende Stadt zu schmuggeln. Ich habe sie nur in ihrer stillen Zeit erlebt, nicht als musikalischen, aber im höchsten Sinne musischen Ort. Für Erlangen mag man Wohlwollen aufbringen, in Bayreuth muss man sich verlieben. Und wie die zärtlichen Lieder eines Verliebten, so klingen mir die Worte: Oper, Orangerie, Rollwenzelei, Eremitage, Wasserkünste, Fantaisie, Leibgeber und Siebenkäs.
BayreuthWerner Bergengruen, Deutsche Reise, 1934